Donnerstag, 14. Oktober 2010

Bolivien – 6 Tage Trekking und Huayna Potosi 6088m!!!!!!! (22.09.10 – 27.09.10)

Wenn ich jetzt über unsere Trekking Tour schreibe werde ich schon wieder wehmütig. Es war echt eine tolle Zeit!
Bei einem letzten gemeinsamen Frühstück verabschiedeten wir uns von Sandra (die in La Paz auf Mareike warten würde) und wurden dann (wieder zu früh) von unserem Guide David abgeholt. Die Fahrt ging bis nach Tuni, einem abgeschiedenen Ort, der vielleicht aus 5 Häusern bestand. Das schwere Gepäck und die Zelte wurde auf die Esel verladen und wir begannen unsere Wanderung. Die Landschaft war wirklich toll. Viel schöner noch als wir erwartet hatten. Schon nach einer Stunde machten wir die erste Rast und aßen Brot, Avocados, Tomaten und Bananen. Mhhh.
P1010675 Nach weiteren 2h erreichten wir unser Camp für die heutige Nacht. Umringt von Bergen und direkt an einem See. Einfach herrlich. Während zwei unserer Begleiter (wir hatten insgesamt 2 Guides + einen Koch) die Zelte aufbauten und das Abendessen zubereiteten, bestiegen wir am Nachmittag noch den Picco Austria (5350m). Es war wirklich sehr anstrengend kann ich euch sagen. Vor allem in der Höhe. Birgit und Jonas unsere beiden fitten Bergexperten liefen natürlich vorne raus aber wir anderen haben auch gut mitgehalten. Die Höhenluft ist schon tückisch. Teilweise meinte man gleich zu ersticken und atmete wie ein Walross aber nur 5 Sekunden stehenbleiben normalisierten den Atem wieder und man kam sich vor, als wäre nichts gewesen. Die Guides meinten, dass es bis zum Gipfel 3-4 h wären. Nach nur 2 h 20 min kamen wir oben an und waren überglücklich. Für uns alle war dies der bisher höchste Punkt, auf den wir je gestiegen waren. Die Aussicht war fantastisch und wir freuten uns tierisch.
Wieder zurück im Camp bezogen wir unsere Zelte und dann gab es Coca Tee und Abendessen. Danach bestaunten wir noch ein wenig die Sterne und das Bergpanorama um den See im Vollmondlicht. Leider wurde es uns zu schnell viel zu kalt und wir zogen uns in die Zelte zurück. In der Nacht konnte ich nicht richtig schlafen. Unsere Matten waren so dünn wie Zeitungspapier und unter den Zelten war alles voller Steine. Womöglich war es auch die Höhe, die mir eine schlaflose Nacht bereitete oder das späte Essen oder der Coca Tee. Stefan hatte schon mehr Glück, er schlief wie ein Stein.
P1010699 Am nächsten Morgen wurden wir früh geweckt. Wir packten unsere 7 Sachen, frühstückten kurz und schon ging die Tour weiter. Obwohl die Strecke teilweise sehr anstrengend war, hatten wir alle einen riesen Spaß, freuten uns über die vielen Lamas und Alpakas und das Bergpanorama war einfach atemberaubend schön. Fast während der ganzen Zeit hatten wir dabei auch immer den Huayna Potosi im Blick, der Stefan und mir sehr sehr viel zum Grübeln gab. Zum Mittagessen machen wir an einem See Rast und dösten dann auch noch ein bisschen in der Sonne im Gras. Puhhh war das anstrengend als wir danach wieder losliefen. Wir mussten erst mal wieder unseren Rhythmus finden und den Atem kontrollieren. Auch an diesem Tag ging es über einen 5000er Pass. Obwohl es abends im Camp noch kälter war als am Tag zuvor, ließen wir uns dieses mal nicht so schnell in die Zelte vertreiben. Wir quatschten noch ein wenig und dann artete das ganze in eine regelrechte Fotosession aus und wir fotografierten alle die beleuchteten Zelte. Auch in dieser Nacht schlief ich kaum.
Trotz all dem Schlafmangel war ich tagsüber zum Glück nicht müde. Leider war nur schon unser letzter Wandertag angebrochen. Wieder ging es über einen 5000er Pass und wir näherten uns dem gewaltigen Huayna Potosi. Als wir im Base Camp des Berges ankamen mussten wir uns nun auch noch von Mareike verabschieden. (Wir sehen uns in Karlsruhe Mädels!) Stefan und ich hatten also tatsächlich beschlossen, dass wir die Besteigung des Potosi versuchen wollten. So ganz sicher waren wir uns ja nicht bei der Sache.
Nun ja den Rest des Tages hatten wir erst mal nichts zu tun und lümmelten im eigentlich recht netten Matratzenlager des Base Camps herum, quatschten und lasen. Wir wussten, dass im Moment auf dem Highcamp ein Filmteam war, die einen Werbespot für irgendeinen Energie-Trink oder ähnliches machten. Mitten in der Nacht um ca. 2 Uhr wurde dann plötzlich eine junge Frau mit viel Hektik ins Matratzenlagergebracht und sofort an die Sauerstoffflasche gehängt. Höhenkrankheit!!! Na super, das macht ja Mut. Der jungen Dame ging es am nächsten Tag zum Glück etwas besser und sie wurde nach La Paz gebracht. Wir wussten, dass wir durch unsere 3 Tage Wandern besser akklimatisiert waren als das Filmteam aber mein Muffensausen stieg trotzdem. Zumal wir ja nicht nur aufs Highcamp wollten, sondern NEIN gleich bis oben auf die Spitze des Bergs hinauf.
P1010778Am nächsten Morgen erkundeten wir ein bisschen die Umgebung. Am Mittag traf Andres ein, der Guide der Stefan und mich begleiten sollte. Da sie bereits Erfahrung im Eisklettern hatten, brachen Birgit und Jonas an diesem Tag schon zum Highcamp auf. Joanna, Stefan und ich begaben uns mit unseren zwei Guides und der ganzen Ausrüstung zum Gletscher und übten das Laufen in den Steigeisen und die Verwendung des Eispickels. Der Nebel war so dicht, dass man keine 8m weit schauen konnte.  Am Ende sollten wir dann eine ca. 10m hohe Steilwand hochklettern. Stefan machte seine Sache recht gut und war ziemlich fix oben. Wir beiden Mädels hatten da schon mehr Schwierigkeiten. Ich hatte einfach keine Kraft mehr im linken Arm und bekam den linken Eispickel nicht ins Eis. Er drehte sich ständig in meiner Hand. Erst als ich den großen linken Handschuh auszog und nur mit meinem Wollhandschuh vorlieb nahm wurde es besser. Ich schaffte es tatsächlich auch nach oben. Trotzdem war der Respekt vor unserem Vorhaben nun noch größer. Sollten wir das wirklich machen? Zurück gings zum Basecamp und dort ließen wir uns erst mal in die Schlafsäcke fallen, denn wir waren alle drei ziemlich KO.
P1010812 Am nächsten Morgen nach dem Frühstück wanderten wir los mit unserer ganzen Ausrüstung und den großen Rucksäcken zum Highcamp. Die erste Hälfte des Weges war zwar anstrengend aber problemlos. Die zweite Hälfte bestand hauptsächlich aus so genannten Moränen, großen Felsbrocken die lose aufeinander liegen, was die Sache schon schwieriger machte. Mit dem Gewicht des großen Rucksacks war es teilweise echt kompliziert, das Gleichgewicht zu halten. Oben angekommen trafen wir auf Jonas und Birgit. Die Glücklichen hatten das Abenteuer bereits hinter sich und waren schon stolze Gipfelstürmer. Das Highcamp lag auf 5130 m und war leider nicht ganz so gemütlich wie das Basecamp. Den restlichen Tag sprachen wir nicht wirklich viel. Jeder war in seine Gedanken vertieft. Stefan und ich versuchten ein wenig zu Schlafen, was uns aber nicht gelang. Gegen 18 Uhr gab es Abendessen und nach einer kurzen Lagebesprechung legten wir uns erneut in die Schlafsäcke und versuchen unser Bestes. Stefan gelang es sogar eine halbe Stunde zu schlafen.
Um Mitternacht hieß es Aufstehen und Packen. Die Ausrüstung musste angelegt werden und dann gab es noch Coca Tee und ein paar Kekse zur Stärkung. Erstaunlicherweise hatte ich sogar Hunger. Wir hatten uns einfach gesagt: “Kopf ausschalten und machen”. Urplötzlich wurde unser Guide ganz hektisch und meinte es wäre schon 1:30 Uhr und wir wären schon so spät und dann hasteten wir ziemlich überstürzt zum Camp hinaus und an den Rand des Gletschers. Hurtig mussten wir die Steigeisen anziehen, wurden aneinander geleint und schon gings los. Viel zu schnell und hektisch für meine Verhältnisse. Ich war unsicher, stand unter Druck und hatte Angst abzurutschen. Zum Glück spielte sich das ganze relativ schnell ein. Der Guide strahlte wieder Ruhe aus und uns ging es auch gut. Schritt für Schritt kämpften wir uns den Gletscher nach oben. Einzig unsere Stirnlampen leuchteten uns den Weg. Nach ca. einer Stunde konnte man links am Horizont das Lichtermeer von El Alto (La Paz) ausmachen. Einfach unglaublich schön. Man steht auf einem Berg, so hoch wie noch nie im Leben, mitten in der Nacht, um einen herum nur Gletschereis und man schaut hinunter auf ein wahnsinniges Lichtermeer am Horizont. Wir marschierten weiter und es war hart, richtig hart. Einfach nur ein Fuß vor den anderen, Aufgeben war keine Option. Als wir gerade auf einem schmalen Grad liefen, setzte plötzlich richtig starker Wind ein. Wir bekamen keine Luft und hatten Mühe uns auf den Beinen zu halten. Zum Glück hatten wir den Eispickel, mit dem wir uns festhalten konnten. Aber es half alles nichts, wir mussten weiter bergauf. Uns war auch klar das wir das schlimmste bei weitem noch nicht hinter uns hatten, im Gegenteil. Es kamen noch Gletscherbrücken und Gletscherspalten, über die wir teilweise springen mussten, was eine wirkliche Überwindung war. P1060505 Den Sonnenaufgang dort oben zu erleben war einfach nur fantastisch. Der ganze Horizont färbte sich rot und wir sahen zum ersten mal richtig den wunderschönen Gletscher, mit dem wir bis dahin schon einige Stunden gekämpft hatten. Absolut unbeschreiblich. Aber wir mussten unseren Blick wieder abwenden und unsere Sinne wieder auf das Ziel konzentrieren, den Gipfel. Auf einmal schien er tatsächlich erreichbar. Vorher war alles darauf konzentriert es einfach nur zu versuchen, jetzt schien es wirklich möglich. Meine Euphorie wurde sogleich wieder gebremst. Vor uns lag eine Gletscherspalte und direkt dahinter, daneben (wie auch immer) eine steile Wand, die zwar nicht sehr hoch war, die mir aber angesichts des schon eingetretenen Erschöpfungszustandes unbezwingbar erschien. Irgendwie scheinen wir es aber doch geschafft zu haben. Auf Nachfragen erfuhren wir dann, dass wir bereits über 6000 Höhenmeter erreicht hatten. Ihr könnt euch nicht vorstellen wie stolz wir waren. UND noch viel spannender: Von hier aus konnten wir unser Ziel sehen. Die letzte Etappe bis zum Gipfel. Für mich war klar, bis hierher und nicht weiter. Nie hätte ich gedacht, dass wir es überhaupt so weit schaffen. Die letzte Etappe war die schwierigste und ich hatte keinerlei Kraft mehr. Ich fühlte mich super. Der Gipfel war doch da, ich sah ihn, ich musste nicht unbedingt oben stehen, um mich als Sieger zu fühlen. Ich würde hier auf Stefan und Andres (unseren Guide) warten und …. Naja so richtig glaubte ich selber nicht dran und Stefan holte mich mit einem bestimmenden “Du gehst da jetzt hoch!!!” wieder in die Realität zurück.
P1010850 Das letzte Stück war ein schmaler Grat, rechts und links ging es fast senkrecht nach unten. Hinzu kam, dass das ziemlich steile Stück nicht nur aus Eis sondern aus einer Mischung zwischen Eis und Felsen bestand, auf dem das Klettern mit den Steigeisen wesentlich erschwert wurde. Ich war in dem Moment so erschöpft, dass ich mir nicht mal vorstellen konnte den kleinen Finger zu heben. Also wie sollte ich da rauf. Es half wieder mal nichts: “Kopf ausschalten und machen. Aufgeben war ja keine Option”. Meter für Meter kämpften wir uns so hoch. Und irgendwann – wir konnten es kaum glauben – standen wir auf dem Gipfel. 6088m verdammt!!!! Das glaubt uns niemand, am wenigsten wir selbst. Hatten wir es wirklich hier hoch geschafft. JA, wir hatten. Die Erschöpfung war jetzt völlig der Euphorie gewichen. Joanna kam mit ihrem Guide kurz nach uns an und wir machten viele Fotos und freuten uns wie die Schneekönige (im wahrsten Sinne des Wortes!). Es war erst 7 Uhr morgens. Somit hatten wir nur 5,5 h hier hoch gebraucht. Wow.
Jetzt sollte das angenehme Stück kommen. Der Abstieg im Hellen. Jonas und Birgit meinten, dass man das Bergpanorama beim Abstieg erst so richtig genießen kann. Leider gingen wir keine 5m und ich verhakte meine beiden Steigeisen ineinander und das auf dem Felsen am Grat. Ich machte eine Rolle vorwärts und knallte mit Knien und Kopf an den Felsen. Glücklicherweise hatte ich einen Helm auf. Das Knie machte da schon mehr Probleme. Ich hatte Schmerzen und konnte ca. 5 min nicht auftreten. Außerdem wurde mir schlecht, wahrscheinlich weil der Kreislauf zusammensackte. P1010870 Kurz zusammengefasst, der Abstieg war schrecklich. Wir konnten nur langsam laufen, weil mir die ganze Zeit schlecht war, ich Kopfschmerzen hatte und mir mein Knie höllisch weh tat. Stefan wäre verständlicherweise gern schneller gelaufen, da wir einen heißen Tee und eine Sitzgelegenheit mehr als nötig hatten. 3h brauchten wir für den Abstieg. Der Tee tat dann richtig gut. Ca. eine Stunde konnten wir ausruhen, dann mussten wir wieder mit dem große Rucksack zum Basecamp absteigen. Ich lies vorsichtshalber den Helm an. Vom Basecamp aus ging es direkt nach La Paz zurück, wo wir uns leider von Joanna verabschieden mussten. Als wir im Hostel ankamen war gerade Stromausfall und so mussten wir eine Weile warten, bis man unser reserviertes Zimmer herausgefunden hatte. Dort angekommen wurde erstmal geduscht (nach 6 Tagen!!!!). Dass es aufgrund des Stromausfalls (warum auch immer) nur kochend heißes Wasser gab, blieb dabei ungeachtet. Und tatsächlich, nach der heißen Dusche war es mir auch nicht mehr schlecht. Weil wir absolut keine Lust hatten noch eine Schritt vor die Tür zu gehen, bestellten wir uns Pizza ins Hostel. Das hatten wir uns auch wirklich verdient. Abends gabs ein freudiges Wiedersehen mit Jonas und Birgit in der Hostelbar und wir ließen den Abend mit unseren Geschichten vom Berg  und einem kühlen Bierausklingen.

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