Mittwoch, 3. November 2010

Argentinien – Buenos Aires im Ausnahmezustand (26.10.10 – 30.10.10)

In Buenos Aires am Flughafen war unser Gepäck fast schneller als wir. Alles ging ratzfatz und schon saßen wir in einem Bus Richtung Innenstadt. Wohin genau der fuhr wussten wir zwar nicht aber mit dem Stadtplan in der Hand verfolgten wir den Weg problemlos. Glücklicherweise konnten wir bis fast zu dem Hostel fahren, das wir empfohlen bekommen hatten. Wir bekamen ein tolles Zimmer und gingen noch Essen bevor wir müde ins Bett fielen.
IMG_1618 Am nächsten Morgen mussten wir erstaunt feststellen, dass kaum jemand auf der Straße war. Selbst die Autos fehlten. Was war nur los? Nach kurzem Nachfragen hatten wir es herausgefunden. Es fand eine Volkszählung in Argentinien statt und am heutigen Tag war ALLES aber wirklich komplett ALLES geschlossen: Restaurants, Cafés, Supermärkte, Kioske, Museen und sogar der botanische Garten. Na prima. Das einzig Gute an diesem Zustand war, dass man ohne Probleme durch Buenos Aires laufen konnte, weil nicht viel los war. Das machten wir dann auch. Einmal quer durch: Von San Telmo, durch die Innenstadt bis Recoleta und nach Palermo und wieder zurück über Puerto Madero nach San Telmo. Ganz schön weit. Uns taten echt die Füße weh. In Recoleta schauten wir uns den berühmten Friedhof an, in dem die Reichen und die Prominenz der Stadt in pompösen Kapellen beerdigt sind. Dort fanden wir auch das Grab von Eva Perón (Evita) das ziemlich belagert war.
Gegen 20 Uhr machten endlich die Restaurants wieder auf und wir gingen eine leckere Grillplatte essen. Der Fernseher im Restaurant war zwar auf stumm, aber alle schauten ständig darauf. Wir fragten uns was passiert war. Im TV-Studio der Live-Übertragung waren alle Menschen den Tränen nahe. Auf einmal wurde eine Schaltung zum Plaza de Mayo in BA gemacht und uns fielen fast die Augen raus. Tausende von Menschen standen dort (nur ca. 1km von uns entfernt) mit Plakaten. Nestor Kirchner war überraschend an einem Herzinfarkt gestorben: Ex-Präsident und Ehemann der amtierenden Präsidentin. Die Argentinier spielten verrückt. Das merkten wir erst so richtig, als wir am nächsten Morgen aus dem Hotel kamen. Die gesamte Innenstadt war abgesperrt und die Leute demonstrierten, marschierten, trauerten und standen an der riesigen Schlange an, um Nestor Kirchner nocheinmal vor dem Regierungspalast zu sehen, wo er aufgebart war. Die Schlange erstreckte sich bereits morgens um 10 Uhr über mehr als 20 Häuserblocks und wuchs ständig. Wir glauben dass die Leute teilweise übernacht bis zum nächsten Tag stehen blieben und das obwohl es nachts anfing zu regnen.
BA_FreeTour Wir machten eine kostenlose (auf Trinkgeldern basierende) Stadtführung mit und waren echt begeistert. Gaston machte seine Sache prima. Eine der besten Stadttouren die wir je hatten. Wer nach BA geht: BA Free Tour (mit dem grünen Logo und T-Shirt) absolut empfehlenswert. Aufgrund der aktuellen brisanten Lage gab es natürlich noch mehr für ihn zu erzählen und viele Fragen von uns. Wir liefen zum Plaza de Mayo, kamen aber nicht so weit, dass wir den Regierungspalast hätten sehen können. Alles war verstellt von Transparenten und Leuten. Sowas hatten wir noch nicht erlebt, der Nationalstolz der Argentinier war unermesslich. Sie sangen gemeinsam auf der Straße. Man schien zwar traurig zu sein, versuchte aber Fröhlichkeit und Zusammengehörigkeit nach Außen zu tragen.
Nach der Tour mussten wir uns dann wieder um das leidliche Thema unseres Round-the-World Tickets kümmern. Der Flug von Quito nach Santiago war ja immernoch nicht storniert. Wir gingen also zu LAN, bereit die 250$ Stornogebühr zu bezahlen. LAN sagte uns dann, dass drei unserer späteren Tickets in Asien aus unerfindlichen Gründen storniert wären und wir sollten uns doch besser an American Airlines wenden und dort alles klären. Also gings wieder zu AA. Dort meinte man, dass die Tickets alle richtig wären und als wir zum Schluss dann unseren Flug stornieren und bezahlen wollten, meinte die Dame sie hätte ihn schon storniert. Wäre alles kein Problem. Wir bekamen einen Ausdruck mit unseren neuen Flügen und freuten uns schon. Zu Hause kam die Ernüchterung. Über unsere Internetplattform war der Flug immernoch bestätigt und keineswegs storniert. Also wieder hin zu AA (einmal quer durch BA) und einen anderen Mitarbeiter gefragt. Auch der meinte wieder. “Nein, ich sehe hier der Flug ist storniert. Vielleicht braucht die Information ein bisschen länger, bis sie zu den anderen Systemen durchdringt”. Ok! Wir ließen uns darauf ein.
Am Abend gönnten wir uns am neuen Hafen ein leckeres All-you-can Eat Buffet. Mhhh. Danach nahmen wir ein Taxi, um nach Palermo zu fahren. Dort wollten wir uns mit Daniel treffen, den ich vor 9 Jahren in Atlanta kennengelernt hatte und der jetzt zufällig auch gerade in BA war. Der Taxifahrer führte uns jedoch ganz schön an der Nase herum und fuhr extra in einen Stau. Somit zog sich die 10min Fahrt über 45min hin und der Preis ging dementsprechend nach oben. Da der Fahrer aber keine 100 Pesos wechseln konnte musste er sich letztendlich mit dem Geld zufriedengeben, das wir noch klein hatten. Nochmal Glück gehabt, DACHTEN wir.
DSCN7837 Es wurde ein netter Abend mit Daniel und seiner Mitbewohnerin Anni. Wirklich lustig, dass wir uns nach so langer Zeit ausgerechnet in BA wiedergesehen haben! :-)
Am nächsten Tag schien ganz allmählich wieder Ruhe (oder eben die gewöhnliche Hektik) in BA einzukehren. Die Innenstadt war nicht mehr gesperrt und die Menschenmassen wurden weniger. Da der Flug online immernoch nicht als storniert gekennzeichnet war fuhren wir nocheinmal zu LAN und AA und verbrachten dort eine nicht unerhebliche Menge an Zeit mit dem Endergebnis, dass das schon alles irgendwie stimmen müsse und dass wir ja am nächsten Tag nochmal kommen könnten wenn der Flug online immer noch nicht storniert wäre. Dadurch, dass es regnete machten wir sonst auch nicht mehr viel an dem Tag. Wir besuchten lediglich das berühmte Cafe Tortoni, das es schon seit 150 Jahren gibt und das einen in eine regelrechte Zeitreise versersetzt wenn man darin seinen Kaffee schlürft. Beim Bezahlen kam dann der nächste Hammer. Wir hatten Falschgeld. Es klärte sich relativ schnell auf, dieser blöde Taxifahrer am Vorabend hatte uns gleich zweimal betrogen. Er hatte den 100 Pesos Schein nicht wechseln können und ihn Stefan zurückgegeben. Dabei muss er ihn vertauscht haben. Angeblich ein üblicher Trick. Abends entdeckten wir in der Nähe des Hotels ein geniales Restaurant und hatten das beste Steak ever. Mmmhhhh.
Am nächsten Morgen mussten wir dann leider schon auschecken und danach gings (WIEDER!!!) zu AA, da sich natürlich an der Lage kein bisschen verändert hatte. Unschönerweise hatte das Office nicht wirklich offen sondern war nur im Notbetrieb und es sah so aus als müssten wir mehrere Stunden warten. Also schnappte ich mir eines der Telefone dort, die einen direkt mit der Hotline verbindet ohne dass man ewig in der Warteschleife hängt so wie zuvor. Auch die Dame an der Hotline sagte mir, dass eigentlich alles stimmen müsste und sie wüsste auch nicht, warum es in den Online-Systemen nicht ersichtlich sei. Bei LAN direkt konnten wir leider nicht nachfragen, da die heute geschlossen hatten.
Nachmittags besichtigten wir noch den rosaroten Regierungspalast, an den man jetzt endlich heran konnte. Der rosafarbige Außenanstrich stammt aus dem Jahr 1873, der Regierungszeit von Präsident Domingo Faustino Sarmiento, auch wenn die Intensität des Rosatons seither mehrfach geändert wurde. Es wird erzählt, Sarmiento habe die Farben der verfeindeten Unitarier und Föderalisten, Weiß und Rot, mischen lassen, um damit die Einheit Argentiniens zu symbolisieren.
Wir verliesen BA abends um 17 Uhr mit einem 22h Bus in Richtung Santiago.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen